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Die Gesamtarbeitsverträge (GAV) und ihre Wirksamkeit beim Lohnschutz

Vor ein paar Tagen liess der Schweizerische Gewerkschaftsbund verlauten, dass es in den Branchen ohne GAV einen Kaufkraftverlust bei den Löhnen gebe ( Communiqué  des SGB vom 21. April 2020). Aber wie kommt es dann dazu, dass der SGB auch bei den Postdiensten einen Lohnrückgang verkünden muss?

 

Es reicht eben nicht einen GAV abgeschlossen zu haben, um die Anstellungsbedingungen in einer Firma zu verbessern. Ebenso sehr müssen die Personalverbände ( im Fall der Post Syndicom und Transfair ) in dem Sinn erfolgreich sein, dass sie Verbesserungen durchsetzen können. Jedes Jahr unterschreiben diese zwei Gewerkschaften Lohnabschlüsse. Regelmässig unterschreiben sie Sozialpläne und GAV-Abänderungen, welche die bisherigen Bedingungen verschlechtern. Hier zwei Beispiele, was die Löhne betrifft:

 

    -  2015 haben diese Sozialpartner zugestimmt, dass den Mitarbeitenden der Postfilialen (mehr als 6000 Angestellte) das Lohnband um 10% heruntergedrückt wurde.

    -  Seit mehr als zehn Jahren wurden bei der Post mehrere Berufsgattungen entwertet und in ihren lohnwirksamen Funktionsstufen heruntergesetzt (bei Briefträgern, Sortierzentren, Schalterangestellten).

 

Zudem wurden viele ehemalige Angestellte unter Druck gesetzt und schlussendlich abserviert ( denn sie hatten gute Löhne). Anschliessend wurden sie durch neue, im Minimallohn angestellte Mitarbeiter ersetzt (zum Beispiel Postauto-Chauffeure).

 

Um auf die von den Sozialpartnern unterschriebenen verschlechterten Sozialpläne zurückzukommen: da kann man als Beispiel den jüngst bei der Post unterzeichneten anführen, wo   der Kündigungsschutz um drei Jahre von 55 auf 58 hinausgeschoben wurde.

Des weitern wurde die Wiederanstellungspflicht von missbräuchlich Entlassenen ( z.B. eine Gewerkschaftsdelegierte oder sonst ein gewerkschaftlich Engagierter) aufgegeben, alles von den Personalverbänden ganz friedlich unterschrieben.

 

Man sieht also, dass ein schlecht verteidigter GAV einerseits die Gewerkschaften selber knebelt und andrerseits dem Arbeitgeber als schönes Mäntelchen für alle weiteren Verschlechterungen dient.

 

 

Solidaritätsbeiträge

 

Eine weitere perverse Auswirkung dieser Alibi-GAVs, und gewiss auch der Hauptgrund für die Schwäche der Gewerkschaften an sich, sind die Solidaritätsbeiträge, die allen Mitgliedern von nicht unterzeichnungsberechtigten Gewerkschaften ( bei der Post die Schweizerische Autonome Pöstlergewerkschaft SAP) sowie allen Nicht-Gewerkschaftsmitgliedern generell vom Lohn abgezogen werden, um einen enormen Fonds von 2 Millionen jährlich zu speisen, der dann den beiden „netten Partnern“ ausgeschüttet  wird. Sie sind von diesem Einkommen abhängig geworden, ohne könnten sie nicht mehr funktionieren . Anders gesagt: wenn ihr den GAV nicht unterschreibt, gibts kein Geld mehr. Auf zwei Millionen verzichten zu müssen, das mildert den Kampfgeist enorm, nicht wahr?

 

Um die Worte eines Bundesrats auszudeutschen: die GAVs und die Solidaritätsbeiträge sind ein gutes Ruhekissen für die Gewerkschaften.

 

 

Schweizerische Autonome Pöstlergewerkschaft SAP, 25. April 2020

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